Was bedeutet gutes Risikomanagement, wenn alles gleichzeitig passiert? Steigende Zinsen, politische Spannungen, technologische Disruption und eine wachsende Flut an Regularien setzen Versicherer unter Druck. Beim exklusiven Insurance Roundtable „Risikomanagement in der Versicherungsbranche: Markttrends und bewährte Praktiken“, der am 10. September 2025 im PwC Experience Center Zürich stattfand, diskutierten führende Vertreter der Schweizer Versicherungsbranche gemeinsam mit PwC und BOC Group darüber, wie modernes Risikomanagement heute funktioniert und wie es in Zukunft aussehen muss.
Ein Morgen mit Wirkung
Der Rahmen war bewusst klein gehalten. Geladen waren Entscheider und Fachleute von Swiss Life, Helvetia, Helsana und weiteren Schwergewichten der Branche. Es gab keinen Frontalvortrag, sondern einen intensiven Austausch. Alexandra Burns und Bernhard Schneider von PwC führten durch die Session, begleitet von Frank Follmann und Alexander Kleinsasser von BOC Group. Sie brachten ihre Erfahrung aus diversen Projekten mit der GRC-Suite ADOGRC ein.
PwC hat gleich zu Beginn den politischen Kontext gesetzt. Handelskonflikte und Zinspolitik (vor allem aus den USA) entfalten sogenannte Second-Order-Effekte auf Lebensversicherungen. Steigen etwa die Zinsen, erhöhen sich nicht nur die Erträge auf Neuanlagen, sondern auch die Garantiezinsen. Zudem verändern sich die Kundenerwartungen und bestehende Anleihen verlieren an Marktwert. Die Politik verändert die Märkte und die Märkte verändern wiederum das Risiko.
Allen war klar, dass Regulierung heute nicht mehr nur eine Pflichtübung für die Compliance-Abteilung ist, sondern Geschäftsmodelle und Risikostrategien direkt beeinflusst.
Banana Skins und der Blick auf das Ganze
Die aktuelle Banana-Skins-Studie von PwC zeigt schnell, wo die Branche ihre größten Risiken sieht: Cyberkriminalität, künstliche Intelligenz, technologische Transformation, Makroökonomie und regulatorischer Druck stehen an der Spitze des Rankings, gefolgt von Klimawandel, Talentmangel und politischer Unsicherheit.
Wie geht man mit dieser Komplexität um? Die Runde war sich einig. Das klassische IKS reicht in seiner bisherigen Form nicht mehr aus. Was fehlt, ist ein stärkerer Fokus auf Effizienz und Vernetzung.
IKS braucht ein Update
Ein zentrales Thema der Diskussion war die Trennung zwischen 1st und 2nd Line of Defense. Die Verantwortung sollte stärker in die 1st Line, also ins Business, verlagert werden. Nicht, weil es regulatorisch gefordert wird, sondern weil das Business die Risiken am besten kennt – und entsprechend steuern kann.
Dazu kommt ein Flickenteppich aus Prüfzyklen. Die FINMA handelt diese nicht einheitlich. Mal sind es alle drei Jahre, mal alle fünf Jahre. Die Versicherer selbst reagieren mit einem klaren Prinzip: nur noch Key-Kontrollen. Wer testet, was das Risiko nicht signifikant reduziert, verschwendet Ressourcen. Diese Konzentration auf das Wesentliche macht das IKS nicht nur schlanker, sondern auch wirksamer.
Risiken erkennen, bevor sie sich zeigen
Doch in welche Richtung muss sich das interne Kontrollsystem zukünftig entwickeln? PwC stellte zwei Aspekte besonders hervor:
Applikationen und Daten müssen künftig als integraler Bestandteil des internen Kontrollsystems verstanden werden. Denn dort, in den Systemen selbst, entstehen Risiken – oft unbemerkt, aber mit großer Wirkung. Wer modernes Risikomanagement betreiben will, muss diese Dimension aktiv in sein IKS integrieren.
Zudem entstehen durch die Vernetzbarkeit zwischen Risiken, Prozessen, IT und Datenstrukturen zunehmend Abhängigkeiten. Wer sie versteht, gewinnt Übersicht und Steuerbarkeit.
Genau hier setzen moderne GRC-Lösungen wie ADOGRC beim internen Kontrollsystem (IKS) an, um die Effizienz und Zuverlässigkeit im Unternehmen zu steigern. Sie schaffen vernetzte Perspektiven auf Risiken, Prozesse und Maßnahmen, die weit über die Grenzen isolierter Excel-Listen hinausgehen.
Dadurch wird das IKS nicht nur effizienter, sondern auch zu einem strategischen Steuerungsinstrument im Unternehmen.
Was bleibt und was kommt
Der Roundtable endete nicht mit Antworten, sondern mit neuen Fragen. Wie könnte Künstliche Intelligenz im Reporting eingesetzt werden? Was lässt sich von der stärker regulierten Bankenbranche lernen? Und wie lässt sich das Wissen aus verschiedenen Industrien noch stärker vernetzen?
Was blieb, war der Eindruck eines Morgens, der mehr war als ein Networking-Frühstück. Dieser Blick auf die Zukunft ist ein starkes Signal dafür, dass bei der Regulierung von Risiken nicht nur reagiert, sondern auch vorausgedacht wird.